
Mittendrin in der Geburtstagszeit – zwischen zauberhaft und herausfordernd – bin ich gerade. Mein jüngstes Kind wurde letzte Woche 4, meine Mittlere erreicht in zwei Wochen ihr 7. Lebensjahr. Gefühlt gestern wie morgen sind ich oder die Kinder an Geburtstage in diesem Frühling eingeladen und ich fühle mich inspiriert, ein paar Gedanken loszulassen, ihnen Schmetterlingsflügel zu verleihen und an diesem sonnigen Sonntag nach draussen fliegen zu lassen.
Geburtstage als Erinnerungen an die unhaltbaren Veränderungen unseres Lebens. Die Zeit läuft, die Uhren ticken und nirgendwo mehr als beim Grösserwerden der eigenen Kinder, wird einem dies so direkt vor Augen geführt. Noch sehe ich meine dritte Geburt bloss einen Wimpernschlag weit zurückliegen – oder war es meine zweite, die mich so richtig ankommen liess im Leben? Mama bin ich schon seit über 10 Jahren, letzten Herbst feierte ich selbst einen runden Geburtstag und realisierte nebenher, dass meine Studiumsfreundschaften schon ihr 20. Lebensjahr erreicht haben – und diese by the way nach wie vor halten und gepflegt werden.
Geburtstage lassen mich emotional werden und auch sehr präsent. Geburtstage bringen es nicht nur mit sich, sich an die vergangenen Zeiten zu erinnern, sondern auch, gewisse Dinge zu organisieren, gewisse Leckerbissen zu backen, gewisse Leute einzuladen, gewisse Geschenke zu besorgen – dies führt dann notgedrungen dazu, einfach einmal zu machen und zu schauen, dass man die Zeit überhaupt findet, dies alles unterzukriegen. Ist der grosse Tag dann da, geht meist alles drunter und drüber, es macht wusch und schon ist es Abend und Zeit, vor dem Zubettgehen das ganze Chaos schon mal halbwegs zu beseitigen, bevor dann am nächsten Tag das ganz gewöhnliche Alltagschaos wieder weitergeht.
Und was lernen wir daraus? Will ich mir das wirklich antun, Geburtstage so zu feiern? Während ich mich frage, ob es dies denn wert ist – nennen wir es mal bei seinem bestbekannten Namen: Geburtstagsstress – sehe ich die strahlenden Augen meiner Tochter vor sich, wie sie ganzkörperlich leuchtend vor den Kerzen und Wunderkerzen sitzt und die anderen Kindern inbrünstig Happy Birthday singen, bevor wir uns dann alle über den Kuchen hermachen. Um dann fünf Minuten später wieder vom Tisch zu hüpfen und weiterzuspielen. Ich sehe mich liebevoll den Tisch mit Blumen dekorieren, in letzter Minute noch einen grossen Geburtstagsballon kaufen, spontan die grossen Kinder eine Schatzsuche planen lassen für die Kleinen. Ich sehe mich Tee anbieten, Seifenblasen, Tränen trocknen und über die kleinen und grossen Ideen und Vorstellungen schmunzeln.
Es könnten irgendwelche Tage sein. Aber es können eben gerade auch die (Kinder-)geburtstage sein, an denen man sich bewusst Zeit nimmt, Zeit der Sache und den Menschen widmet, den Aufwand nicht scheut. Und dabei muss keine Torte in Form einer Eisenbahn oder Eisprinzessin her, sondern es darf ein klassischer leckerer Schokokuchen ohne Mehl sein. Die Geschenke dürfen in Tücher gewickelt sein, die Blumen kurzfristig von der Wiese gepflückt. Für einmal koche ich nicht extra Kaffee für die Erwachsenen, sondern es gibt Chai-Tee, vorher vorbereitet. Und die Kinder pflanzen ein paar Blumen- und Gemüsesamen in ein Kartontöpfchen, anstatt dass ich ihnen Zuckerbonbons verteile (ohne hier Moralaposterin zu spielen).
Da sind wir wieder bei der berühmten Balance – es muss kein übertriebener Aufwand geleistet werden, aber es darf auf ein paar nette kleine Details geachtet werden. Ich liebe diese kleinen Dinge, die ganz gross werden können. Gross im Sinne von bedeutungsschwer, die in Erinnerung bleiben – nicht auf irgendwelchen Fotos, sondern im Herzen. Denn unser Alltag, der Alltag von uns Grossen, ist die Kindheit unserer Kleinen. Mögen wir ihre Leichtigkeit miterleben, mögen wir ihre Entwicklung von kleinen Raupen zu bunten Schmetterlingen teilen und miterleben, mögen wir ihnen Raum geben und uns selbst in diesem Raum mit Leichtigkeit bewegen.
Am Ende sind es vielleicht doch nicht alle einzelnen Dinge, die zu den schönen Erinnerungen beitragen werden, sondern es sind die Menschen, die die Momente – Geburtstagsmomente und andere – mit uns geteilt haben. Die Menschen, mit denen wir geplaudert und gelacht haben und ein paar Stunden gemeinsam verbracht haben, die uns die Sorgen des Alltags für eine Weile vergessen liessen.
Und so lasse ich die Zeit weiterfliessen, lasse meine Gedanken als kleine weisse Wölkchen über den Himmel ziehen, mögen sie mir die Sonne präsent werden lassen. Ich ziehe mit, lass mich in diesem Frühling nach draussen ziehen, such mir eine Blume aus, schmecke ihren Nektar und erhebe mich in die Lüfte – bis zum nächsten Geburtstagsfest in meinem Umfeld. Und ich weiss, es ist es wert.
